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Soundscape-Aktivismus und Komposition

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Murray Schafer gilt als der Begründer der Soundscape-Forschung. Wie beeinflusst unsere akustische Umgebung uns als Menschen? Dieser Frage geht Murray Schafer seit den 1950er als Komponist, Hörforscher, Musikpädagoge und Anti-Lärm-Aktivist nach. Er ist ein Mann mit einer akustischen Vision, vielen Verehrern und einigen Kritikern. Thomas Burkhalter hat Murray Schafer an einer Soundscape Konferenz im Finnischen Koli zum Gespräch getroffen. Ein Portrait.

Auf die Komposition «The Vancouver Soundscape» wird Murray Schafer fast immer angesprochen. «The Vancouver Soundscape» entstand 1973 in Vancouver, der drittgrössten Stadt Kanadas. Murray Schafer war damals Leiter des World Soundscape Project, einer Gruppe von Klangforschern vom Institut für Kommunikation an der lokalen Simon Frazer Universität. Wie verändert sich unsere akustische Umgebung – das interessierte Schafer. Und: Wie nimmt unser Ohr Informationen auf. Schafer und seine Forschungsassistenten Barry Truax, Hildegard Westerkamp, Peter Huse, Bruce Davis und Howard Broomfield zogen also mit Aufnahmegeräten und Spezialmikrophonen los, und sie fingen die verschiedenen Lärm- und Geräuschquellen von Vancouver ein. Sie fragten auch die Leute: Wie hört ihr Eure Stadt? Welche Geräusche gefallen Euch – und welche nicht? Es entstand eine Sammlung von Geräuschen aus Vancouver. Und eine Sammlung von Anekdoten darüber, wie es früher geklungen hat in Vancouver. Da war alles dabei: Schiffshörner, das Quietschen der Züge, bis zu Erzählungen von Indianern in den Reservaten.

«The Vancouver Soundscape» war eigentlich als eine reine Dokumentation gedacht, als ein Katalog von Umweltgeräuschen. Klaus Schöning vom Kölner HörSpielStudio hatte aber eine andere Idee: Für den WDR stellt er die Aufnahmen zu einer musikalischen Komposition zusammen. Das war die zündende Idee, sagt Murray Schafer heute. Das Genre Soundscape-Komposition war geboren. Komponisten und Musiker weltweit nahmen jetzt ihre akustische Umgebung auf und verarbeiteten sie zu Kollagen. Für Schafer selber eine ziemliche Überraschung.

Murray Schafer arbeitete bald für das kanadische Radio CBC. «The Soundscapes of Canada» hiess eine seiner Produktionen. 1975 reiste er dann nach Europa. Dort nahm er die Geräusche und Klänge in fünf Dörfern auf: «Five European Villages», hiess das Projekt. Tag und Nacht nahm die Gruppe auf – nicht bloss die Kirchenmusik, sondern auch den Verkehr vor der Kirche. Musikethnologen untersuchten damals vorwiegend Volksmusik, Schafer aber analysierte Dörfer anhand ihrer Geräusche. In jedem Dorf fand er andere Klänge und Geräusche; überall aber ähnelte sich der akustische Rhythmus von Tag und Nacht. Schafer notierte alles fein säuberlich: Zu welcher Zeit stehen die Leute auf? Wann hört man die Kinder, wann die Frauen, wann die Männer?

Die Musique Concrète setzt meistens auf Akusmatik: Das akustische Grundmaterial wird komplett in einen neuen Kontext übersetzt; die Originalsubstanz eines Klangs ist nicht mehr erkennbar. Die Soundscape-Komposition ist für Murray Schafer mehr: – Er und seine Kollegen von der Frazer Universität haben sogar einen Prinzipienkatalog aufgestellt: 1) Das akustische Originalmaterial bleibt für den Hörer erkennbar; 2) Der Hörer lernt über das Hören einer Soundscape-Komposition eine real existierende Landschaft besser kennen 3) Das akustische Originalmaterial in der originalen Landschaft beeinflusst die Ästhetik und Form der Soundscape-Komposition auf allen Ebenen. 4) Die Soundscape-Komposition verändert unser Wissen und unsere Wahrnehmung der Welt. Soundscape-Komposition wird so zu einem Forschungszweig der Akustischen Ökologie. Es geht immer um Orte, Zeitfragen, die Umwelt und um Hörerfahrungen.

Eines ist für Murray Schafer zentral: Der Soundscape-Forscher sollte sich tiefgreifend mit der akustischen Umgebung vertraut machen, die er vertonen will. Manche Komponisten stehlen die Geräusche sozusagen aus ihrer Umgebung, findet er. Seine Studenten zum Beispiel: Sie haben Frösche aufgenommen, ohne zu wissen, was für Frösche das eigentlich sind. Schafer passte das gar nicht. Es geht Schafer nicht nur darum, mit teuren Geräten herumzureisen und alles aufzunehmen, was einem grad so über den Weg läuft.

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Zum Podcast

Diese Sendung wurde ausgestrahlt am Mittwoch 23.3.2011 in «Musik unserer Zeit» auf Schweizer Radio DRS2.

Literatur-Tipp

Järviluoma Helmi & Kytö Meri & Truax Barry & Uimonen Heikki & Vikman Noora. Acoustic Environments in Change & Five Village Soundscapes. TAMK University of Applied Sciences. Series A. Research papers 13. University of Joensuu, Faculty of Humanities, Studies in Literature and Culture 14.

Tracklist

The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. The Music of Horns and Whistles, Cambridge Street Records CSR-2CD 9701
The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. Squamish Narrative, Cambridge Street Records CSR-2CD 9701
The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. Winter Images, AEC, Archive of Folk Tradition, UTA
The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. Cembra, Eastern Evening, AEC, Archive of Folk Tradition, UTA
The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. A Children’s Church Service, and the Bells of Blissingen, AEC, Archive of Folk Tradition, UTA
The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. Morra, AEC, Archive of Folk Tradition, UTA
Murray Schafer. On Acoustic Design, Cambridge Street Records CSR-2CD 9701
Murray Schafer. The Crown of Adriana (The Schafer Ensemble featuring Judy Loman), Opening Days Recordings ODR9307
Murray Schafer. 3rd String Quartett (Mollinari Quartet & Marieä-Danielle Parent), ATMA Classique
Murray Schafer. Princess’ Aria (The Schafer Ensemble featuring Judy Loman), Opening Days Recordings ODR9307
Murray Schafer. Tapio for Alphorn, Canadian Music Centre CMCCD8902
The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. Ocean Sounds, Cambridge Street Records CSR-2CD 9701
The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. Dance of the Inscets, AEC, Archive of Folk Tradition, UTA
The World Soundscape Projekt, Simon Fraser University. Snow Games, AEC, Archive of Folk Tradition, UTA
Murray Schafer, Claude Schryer. Winter Diary, BMG Ariola Classics 73522 2


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